Viele bezahlbare Projektoren können zwar PAL darstellen, nutzen
aber nicht die volle Auflösung von anamorph aufgezeichneten (16:9
enhanced) DVDs. Es ergibt sich ein Detail- und Schärfeverlust.
Mit Hilfe von Anamorph-Optiken lässt sich die Bildqualität eines
fast jeden Projektors steigern. Die Kombination Projektor / Linse ist
dabei meist noch bedeutend günstiger als ein neuer Projektor.
1. Das Prinzip
Viele Projektoren verschenken einen Teil ihrer Auflösung, wenn das
Bildformat nicht ihrem nativen Darstellungsformat entspricht.
Preiswerte DLP Projektoren z.B. verfügen in der Regel über eine
4:3 SVGA Auflösung von 800x600 Punkten. Für normales 4:3 PAL
ist diese Auflösung mehr als ausreichend. Im 16:9 Bereich hingegen
verfügt der Projektor allerdings nur über eine Auflösung
von 800 x 450 Bildpunkten. Gegenüber der Anamorph-Auflösung
einer DVD (720x576) fehlen über 100 Zeilen Auflösung. Eine genaue
Erläuterung finden Sie in unserem Know How Special: Auflösungs-
und Skalierungsanforderungen an Projektoren und Plasma TVs.
Alle Pixel ausserhalb des 16:9
Bereichs bleiben ungenutzt
Um die Auflösung des projizierten Bildes zu steigern, müssen
die Pixel aus dem 4:3 Bereich mitgenutzt werden. Doch bei einer bildfüllenden
Darstellung wird das Bildformat verfremdet: Statt 4:3 ist es 16:9. Das
Bild erscheint in die Höhe gestreckt. Diesen Effekt kann man leicht
beobachten, wenn man ein anamorphes 16:9 Signal auf einem herkömmlichen
4:3 Fernseher betrachtet. Eine Anamorph-Zusatzoptik "verzerrt"
das Bildformat nun so, dass die ursprünglichen Proportionen des Bildes
wieder hergestellt werden. Sie wird einfach vor das Objektiv des Projektors
montiert.
Das richtige Format wird wieder
hergestellt
Diese Entzerrung kann entweder horizontal oder vertikal erfolgen, es
gibt zwei verschiedene Arten:
1.1 Horizontale Streckung
Horizontale Anamorphoptiken "strecken" das 4:3 Bild in die
Breite. Die Höhe verändert sich nicht. Bei gleichem Projektionsabstand
erhöht sich somit die Bildbreite um 33% gegenüber 4:3. Filme
im 16:9 Format erscheinen sowohl in der Höhe als auch in der Breite
nun wesentlich größer.
Ein Beispiel:
Der Projektor erzeugt ohne Zusatzoptik ein 4:3 Bild mit einer Bildbreite
von 2,4m und einer Bildhöhe von 1,8m. Die Abmessungen des 16:9 Bildteils
betragen 2,4m x 1,35m:
Der 16:9 Bildbereich ist niedriger
als der 4:3 Bereich
Die schwarzen Balken verschenken
Auflösung
Die Vorsatzoptik streckt das Bild horizontal um 33%. Gleichzeitig wird
das gesamte Bild zur Darstellung genutzt. Die neuen 16:9 Abmessungen betragen
nun 3,2m x 1,8m ! Das 16:9 Bild hat sich also um 80cm verbreitert und
um 45cm erhöht. Gleichzeitig wurde die Auflösung verbessert.
Abmessungen uns Auflösung
des 16:9 Bildbereichs werden erhöht
Die volle Auflösung wird genutzt
Somit kann bei gleichen Raumbedingungen ein größeres 16:9
Bild mit mehr Auflösung erzeugt werden. Sollte das neue Bild zu groß
sein, kann man es durch Projektor-Zoom oder Verminderung des Projektionsabstandes
verkleinern.
1.2 Vertikale Stauchung
Die zweite Möglichkeit der Formatanpassung ist die vertikale Stauchung.
Sie funktioniert wie bei einem 4:3 Fernseher mit 16:9 Formatumschaltung:
Das 4:3 Bild wird in der Höhe auf 16:9 zusammengestaucht. Die Bildbreite
ändert sich nicht.
Filme im 16:9 Format behalten also die gewohnte Größe, nur
die Auflösung wird erhöht.
Beispiel:
Der Projektor erzeugt ohne Zusatzoptik ein 4:3 Bild mit einer Bildbreite
von 2,4m und einer Bildhöhe von 1,8m. Die Abmessungen des 16:9 Bildteils
betragen 2,4m x 1,35m (siehe oben).
Die Vorsatzoptik staucht nun das 4:3 Bild vertikal um 25%. Es entsteht
ein 16:9 Bild mit den Abmessungen 2,4m x 1,35m (wie ohne Optik)
Das 4:3 Bild wird gestaucht auf
16:9
Die volle Auflösung wird
genutzt, das 16:9 Bild behält die ursprünglichen Abmessungen
Der Vorteil liegt darin, dass weder Leinwand noch Projektionsabstand
verändert werden müssen. Die Bildgrößen bleiben gleich,
die Auflösung wird verbessert.
2. Typen der Anamorph-Optiken
Es gibt verschiedene Typen von Anamorph Optiken:
2.1 Linse
Eine Anamorphlinse wird wie ein Zusatzobjektiv vor den Projektor montiert.
Sie verzerrt das Bild in einem Durchgang.
Sie ist leicht zu montieren und bietet den zusätzlichen Vorteil,
dass nicht nur die Auflösung sondern auch die Bildhelligkeit des
projizierten Bildes gesteigert wird.
Anamorph-Linse
Leider ist eine Anamorphlinse eine kostspielige Angelegenheit. Unter
€ 1200.- ist sie kaum zu bekommen.
Anamorph Linsen gibt es nur für die horizontale Streckung.
2.2 Prismen
Anamorph Prismen arbeiten nach einem anderen Prinzip: Hier wird das Bild
durch zwei dreieckig geformte Prismenkörper, die in einem bestimmten
Winkel zueinander stehen, verzerrt. Anamorph-Prismen sind wesentlich größer
als Linsen und daher aufwändiger in der Montage.
Einen Helligkeitsgewinn wie die Anamorph-Linse bieten sie in der Regel
nicht, da der Lichtüberschuss in den Prismen durch Reflexionen absorbiert
wird. Allerdings sind sie bedeutend günstiger und, je nach Modell,
kann die Bildhöhe sogar variabel verstellt werden!
Zwei Prismen brechen das Licht
Prismen sind sowohl für die horizontale Streckung als auch für
die vertikale Stauchung erhältlich.
Es gibt verschiedene Varianten:
2.2.1 Flüssigkeitsgefüllte
Prismen
Manche Anamorph-Prismen sind mit einer speziellen Lichtbrechungs-Flüssigkeit
gefüllt. Der Vorteil liegt in dem günstigeren Preis.
Nachteile zeigen sich in der Montage: Flüssigkeitsgefüllte Prismen
dürfen nicht zu warm werden, da sich sonst die Flüssigkeit ausdehnt
und die Prismen bersten können. Sie sind daher nur für Projektoren
geeignet, die keine Abluft-Ventilatoren an der Vorderseite haben. Eine
direkter Abluft-Wärmestrom des Projektors in Richtung Prismen ist
bereits zu stark.
Unabhängig von der Wärme können die Prismen undicht werden,
wenn das Dichtungsmaterial (Silikon) mit der Zeit altert und spröde
wird.
2.2.2 Voll-Glas-Prismen
Voll-Glas-Prismen verzichten auf Flüssigkeitsfüllung und sind
somit weder Wärme- noch Alterungsempfindlich. Sie sind allerdings
teurer.
3. Projektor-Auflösungen und der
resultierende Gewinn
Lohnt sich die Anschaffung für mein Modell? Die gängigsten
Auflösungen und die Bildgewinne im Überblick:
3.1 VGA (640x480, 4:3)
Projektoren mit eine Auflösung von 640x480 Pixeln sind für PAL
kaum geeignet. Auch eine Anamorph-Optik erhöht die Auflösung
nicht genug, um 16:9 enhanced Bidmaterial nutzen zu können. Lediglich
die NTSC Auflösung kann annähernd erreicht werden.
3.2 SVGA (800x600, 4:3)
Die SVGA Auflösung ist, wie oben bereits erläutert, nicht ausreichend,
um 16:9 enhanced Bildmaterial voll zu nutzen. Mit einer Anamorphoptik
hingegen werden auch in 16:9 alle 800x600 Pixel genutzt. Dies liegt über
dem PAL Standard. Mit Optik sind SVGA Projektoren voll PAL-tauglich.
3.3 XGA (1024x768, 4:3)
Die XGA Auflösung ist bereits hoch genug um anamorphe 16:9 Bildsignale
ohne Verlust darzustellen. Mit einer Anamorph-Optik wird die Auflösung
bereits so deutlich gesteigert, dass sie schon für HDTV sinnvoll
geeignet ist.
3.4 SXGA (1360x1024, 4:3)
High-End Projektoren verfügen über eine Auflösung von bis
zu 1360x1024. Dies ist bereits weit über dem PAL Standard, auch in
16:9 (1360x768). Mit Hilfe eine Anamorph-Optik kann die gesamte Auflösung
derart erhöht werden, dass auch hoch aufgelöstes HDTV (1080i)
Material sehr gut ausgenutzt werden kann.
3.5 Projektoren mit 16:9 Auflösung
Manche Projektoren haben bereits eine natives 16:9 Format. Hier kann eine
Anamorph-Optik die 16:9 Auflösung leider nicht mehr erhöhen.
Bei "Scope"-Filmen mit einem Bildformat von 21:9 kann sie allerdings
nützlich sein: Montiert man sie, so wird der 16:9 Bildbereich auf
21:9 gewandelt. Die volle Projektorauflösung kann in 21:9 genutzt
werden.
16:9 wird zu 21:9
3.6 Darstellung von 4:3 Material
Die Anamorph-Linse "verwandelt" einen 4:3 Projektor in einen
16:9 Projektor. Wer öfter auch normales TV Material in 4:3 (z.B.
Sportübertragungen) ansehen will, der sollte die Anamorph-Optik so
montieren, dass sie leicht aus dem Lichtweg genommen werden kann.
4.0 Mögliche Probleme
Eine Anamorph-Optik bringt nicht unbedingt nur Vorteile. Durch die Bildverzerrung
können unter Umständen auch Probleme entstehen.
4.1 Veränderte Bildgeometrie
Die Bildgeometrie kann durch Anamorph-Optiken leicht verzerrt werden.
Bei einer horizontalen Streckung können vertikale Linen leicht nach
außen gewölbt erscheinen. Das Bild wirkt insgesamt leicht bauchig.
Bei der vertikalen Stauchung erscheinen unter Umständen die horizontalen
Linen leicht "eingedrückt". Beide Effekte sind abhängig
von der Qualität des verwendeten Anamorphoten und von den Projektionseigenschaften
des Projektors. Man sollte sich hier kompetent beraten lassen und, wenn
möglich, die gewünschte Kombination Projektor <-> Optik
vor dem Kauf austesten.
4.2 Konvergenzverschiebung
Gerade bei der Variante der horizontalen Streckung können leichte
Konvergenzprobleme am linken und rechten Bildrand entstehen: Hier stimmt
die Farbdeckung von Rot, Grün und Blau nicht mehr ganz überein.
Eine Farbe kann leicht verschoben sein.
Diese Farbverschiebung hängt wiederum von der Qualität und Konstellation
ab. In der Regel ist die Verschiebung derart gering, dass sie nicht vom
menschlichen Auge ausgemacht werden kann. Allerdings sollte man auch hierauf
vor dem Kauf achten!
5. Modelle
Hier die bekannten Anamorph-Modelle im Überblick.
5.1 ISCO II Linse
Die ISCO II Linse ist eine sehr gängige und qualitativ hochwertige
Anamorphlinse. Sie streckt das Bild in die Breite. Neben dem Auflösungsgewinn
bewirkt sie auch eine Steigerung der Bildhelligkeit. Der Preis von über
€1200.- ist zwar hoch, begründet sich aber in der aufwändigen
Herstellung der hochpräzisen Optik.
5.2 Panamorph-Prisma
Das Panamorphprisma war die erste Anamorph-Optik, die das Bild vertikal
staucht. Hergestellt wird es in den USA. Es bietet eine gute Bildqualität
mit Lichtsteigerung. Allerdings handelt es sich hierbei um ein flüssigkeitsgefülltes
Prisma (mit oben beschriebenen Schwächen). Mit einem Preis von weit
über € 1000.- ist dies überteuert.
5.3 Prismasonic V-200
Das Prismasonic V-200 Prisma ist ein Vollglas Prisma zur vertikalen Stauchung.
Die erzielte Bildqualität ist sehr gut, der Lichtgewinn ist allerdings
geringer. Die Helligkeit des Bildes steigt um ca. 5%. Als besonderes Feature
bringt die Optik zwei Einstellregler (siehe Bild) mit sich, die zur Anpassung
des oberen und unteren Bildrandes genutzt werden können. Damit kann
das Bildformat stufenlos verstellt werden.
Mit einem Preis von ca. € 600.- bietet sie ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis
5.4 Prismasonic H-200
Wie H-200, allerdings zur horizontalen Streckung. Ebenfalls mit Einstellreglern.
Preis: ca. € 600.-
5.5 Eigenbau
Wer handwerklich begabt ist, kann für wenig Geld ein Anamorph-Prisma
selber herstellen. Im bekannten Beisammen-Forum (www.beisammen.de) haben
technisch versierte Heimkinofans Eigenbau-Varianten entwickelt und Bauanleitungen
veröffentlicht.
6. Vor& Nachteile von Anamorph-Optiken
6.1 Vorteile
6.1.1 Auflösungsgewinn (alle
Modelle)
Die Auflösung des Projektors wird um 33% gesteigert. Dies führt
zu einem Detail- und Schärfegewinn
6.1.2 Steigerung der Helligkeit
Je nach Optik-Modell steigert sich die Helligkeit eines Projektors deutlich.
Die liegt an der vollen Pixelausnutzung. 33% mehr Pixel leuchten jetzt
auf der Leinwand, dies erhöht die Helligkeit.
6.1.3 Verringerung des
Projektionsabstandes (Horizontale Streckung)
Das Bild wird in die Breite gezogen, bei gleichem Projektionsabstand erhöht
sich die Bildgröße.
6.1.4 Keine "grauen" Balken
mehr bei Letterboxfilmen
Die grauen Balken, die durch das Restlicht des Projektors im Schwarz entstehen,
verschwinden. Das projizierte Bild endet wirklich an den Bildrändern.
6.2 Nachteile
6.2.1 Eventuell Veränderte Bildgeometrie
Je noch Optik und Projektor kann die Bildgeometrie leiden. Gerade Linien
werden leicht gebogen.
6.2.2 Konvergenzverschiebung
Zum Bildrand hin kann die Farbkonvergenz der Pixel leiden. Es ergibt sich
eine leichte Farbverschiebung.
6.3.3 Aufwändige Montage
Je nach Modell gestaltet sich die Montage als recht aufwändig. Kompakte
Projektoren verlieren ihre Portabilität. Eine genaue Positionierung
ist zu beachten.
Die Optik muss "kalibriert"
werden
7. Fazit
Anamoprh-Optiken sind eine gute Methode, die Bildqualität und Projektionseigenschaften
eines Projektors deutlich zu verbessern. Neben der erhöhten Auflösung
bieten sie, je nach Modell, eine Lichtsteigerung, einen verkürzten
Projektionsabstand und variable Bildhöhe. Sie sind eine klare Alternative
zum Projektor-Neukauf.
E. Schmitt
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