Progressive Scan intern / extern, die Arbeitsweise, die Probleme
Einführung in ein komplexes Thema
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Progressive Scan hat sich in den letzten Monaten zu einem Schlagwort in der Heimkinobranche entwickelt. Angefangen bei DVD Playern bis hin zu Plasmafernsehern werben immer mehr Hersteller mit der Progressive Scan Fähigkeit ihrer Geräte. Doch was verbirgt sich hinter diesem Kaufargument?
Welche Formen von Progressive Scan gibt es? Lohnt sich ein Progressive Scan Feature eher im Bildausgabegerät (DVD Player) oder eher im Bildwiedergabegerät (TV / Projektor)? Welche Nachteile birgt Progressive Scan?
Zahlreiche Fragen, die wir an dieser Stelle versuchen werden, zu beantworten.
Qualitätsunterschiede in der Progressive Scan Wiedergabe sind gerade bei DVD Playern nicht leicht festzustellen. Eine sehr gute und korrekt gemasterte DVD kann praktisch jeder PS-DVD Player fehlerfrei wiedergeben, hier sind eventuelle Unterschiede recht klein. Große Unterschiede ergeben sich jedoch bei DVDs mit kleinen oder großen Masteringfehlern. Diese Masteringfehler haben auf die herkömmliche (interlaced) Wiedergabe oft keinerlei Einfluss und tauchen daher auch bei DVDs mit sonst hervorragender Bildqualität öfter auf, als man denken mag. Schließlich hat sich die DVD in ein Massenmedium entwickelt und für 99% aller Benutzer ist Progressive Scan ein nicht relevanter Aspekt, der daher auch von den Filmstudios nicht unbedingt viel Beachtung erhält. Auch kleinere Labels haben oft nicht die Ressourcen, eine DVD unter Progressive Gesichtspunkten zu perfektionieren.

Doch auch bei nicht so gut gemasterten DVDs ist eine sehr gute Progressive Wiedergabe möglich. Dies hängt jedoch entscheidend von der Qualität des DVD Players ab. Wenn man also testen möchte, wie gut die Progressive Scan Wiedergabe eines DVD Players ist, sollte man eher auf mittelmäßige DVDs zurückgreifen. Man wird überrascht sein, wie groß die Unterschiede sind.


1.0 Interlaced Video und Filmmastering

Um die notwendige Arbeitsweise und Probleme der Progressive Scan Wiedergabe zu verstehen, muss man ein paar Grundlagen unseres Videosystems und den damit verbunden Überspieltechniken der Filmstudios kennen.


1.1 Das Fernseh-System: Darstellung in Halbbildern

Die PAL bzw.. NTSC Systeme sind bereits viele Jahrzehnte alt und unterliegen dementsprechend zahlreichen Limitationen. Ihre vertikale Auflösung beträgt 576 bzw.. 480 Zeilen bei der DVD Wiedergabe. Diese Auflösungen sind im Grunde akzeptabel, doch eine große Einschränkung ergibt sich aus dem verwendeten Zeilensprungverfahren (Interlacing). Hierbei werden zunächst alle ungeraden Zeilen (1, 3, 5, ...) und anschließend alle geraden Zeilen (2, 4, 6, ...) des Bildes übertragen. Die im Augenblick jeweils nicht übertragenen Zeilen bleiben schwarz.
Die Darstellung dieser sogenannten "Halbbilder" wiederholt sich 50 bzw. 60 mal pro Sekunde. Durch diesen optischen Trick wird die vertikale Auflösung halbiert. Dies bleibt durch die Trägheit des Auges bei stehenden Objekten weitgehend unbemerkt.


Abwechselnde Zeilenübertragung

Die Darstellung dieser sogenannten "Halbbilder" wiederholt sich 50 bzw. 60 mal pro Sekunde. Durch diesen optischen Trick wird die vertikale Auflösung halbiert. Dies bleibt durch die Trägheit des Auges bei stehenden Objekten weitgehend unbemerkt.


Zwei nacheinander übertragene Halbbilder ergeben ein Vollbild

Tatsächlich leidet aber die Detailtreue erheblich und bei bewegten Bildern wirkt das Bild unruhig bzw. gestreift. Jedes Halbbild stellt ein eigenes Bild mit halber Auflösung dar und ergänzt sich mit dem nächsten Halbbild in bewegten Teilen nicht mehr zu einem Vollbild wie oben.


Die Bananen franzen bei Bewegung (z.B. von rechts nach link) aus

Da sich die Bananen bei jedem Halbbild in einer anderen Position befinden, franzen die Konturen stark aus. Diesen Effekt nennt man Kammeffekt oder "Combing".

Weiterhin werden Details, die so klein sind, dass sie nur in einer Zeile erscheinen, bei jedem zweiten Halbbild "verschluckt". Sie tauchen also abwechselnd auf und ab:

Die Haare auf der Kiwi sind so klein, das ein großer Teil in Halbbild 2 (rechts) verschluckt wird. Auch im aufgeschnittenen Teil fehlen Details. Diese Details fangen durch die abwechselnde Darstellung an zu flimmern. Der Effekt heißt "Line Twitter".
Bei DVD Mastering werden solche Details oft herausgefiltert. Die Auflösung wird damit künstlich reduziert.


1.2 Film -> Video Überspielung

Bei der Filmüberspielung auf Video wird jedes Filmbild in zwei aufeinanderfolgende Halbbilder umgewandelt: Das erste mit allen ungeraden Zeilen, das zweite mit allen geraden. Dieses Verfahren nennt sich 2:2 Pulldown:


2:2 Pulldown

Ein Kinofilm wird mit 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen. Wie oben bereits erläutert, arbeitet unser Fernsehsystem jedoch mit 50 Halbbildern pro Sekunde. Da 50 leider kein Vielfaches von 24 ist, wird ein kleiner Trick benutzt, um das Filmmaterial "passend" zu machen: Statt 24 Bilder pro Sekunde werden 25 Bilder pro Sekunde überspielt, also ein Bild zu viel. Diese 25 Bilder werden dann in 50 Halbbilder aufgeteilt, die dann im Halbbildverfahren (Interlaced) auf unseren Fernseher erscheinen, jedes Kinobild ergibt zwei aufeinander folgende Halbbilder.

Aus diesem Trick ergibt sich eine leichte Anhebung (ca. 4%) der Filmgeschwindigkeit. Ein Film, der im Kino z.B. ein Lauflänge von 100 Minuten aufweist, hat in der Homevideo Edition nur noch eine Länge von 96 Minuten, der Film läuft etwas zu schnell. Doch dieser Unterschied ist äußerst gering und nur im direkten A/B Vergleich zu bemerken. Allerdings läuft auch der Ton 4% zu schnell, was manche Heimkino Enthusiasten stört.


2.0 Progressive Scan

Progressive Scan ist eine Weiterentwicklung, die die Halbbildwiedergabe des herkömmlichen Pal Signals eliminiert. Statt 50 Halbbildern (288 Zeilen) pro Sekunde werden nun 50 Vollbilder mit jeweils 576 Zeilen wiedergegeben. Die vertikale Auflösung wird somit verdoppelt. Dadurch erscheint das übertragene Bild deutlich klarer und detaillierter. Auch das lästige Zeilenflimmern ist nicht mehr vorhanden. Progressive Scanning ist im Computer Bereich seit Jahren Standard (jeder VGA Monitor arbeitet progressiv) und hat auch durch die DVD-Technologie vermehrt Einzug in die Heimkinowelt genommen. Offiziell existiert allerdings nur der NTSC Progressive Standard (480p bei 60Hz). PAL Progressive (576p bei 50Hz) wird von DVD Playern in der Regel nicht unterstützt.
Für die Heimkinoprojektion ist das Progressive Signal dem Interlaced Signal unabhängig von dem verwendeten Projektortyp durch seine höhere Detailtreue auf jeden Fall vorzuziehen.
Durch diese "Erweiterung" der Bildausgabe muss das Ausgangsmaterial, sprich Videosignal, auf Progressive Scan umgerechnet werden. Dieses Verfahren heißt "De-Interlacing" und gestaltet sich unter Umständen als äußerst komplex.
(Übrigens: Progressive Scan verbessert lediglich die Auflösung, jegliche andere Bildmerkmale wie Kontrast, Farbe etc. bleiben unberührt. Zwar unterscheiden sie sich, je nach Fabrikat leicht in der Ausgabe, doch bei korrekter Anpassung des TVs/Projektors erzielt man stets die gleichen Ergebnisse.)


2.1 De-Interlacing von Filmmaterial

Filmmaterial wird, wie oben erläutert, in 50 Halbbildern pro Sekunde aufgeteilt, 2 Halbbilder ergeben zusammengesetzt ein Filmbild: Dieses Zusammensetzen muss also bei der Progressive Wiedergabe von den entsprechenden Geräten digital vorgenommen werden. Der DVD Player bzw. TV oder Projektor nimmt zwei aufeinanderfolgende Halbbilder, flechtet sie zu einem Vollbild zusammen, und gibt das Bild aus. Dieses sogenannte "Weaving" klingt in der Theorie äußerst einfach, kann in der Praxis jedoch zahlreiche Probleme ergeben.


"Weaving": Aus zwei Video-Halbbildern wird eine Progressive Bild gemacht

De-Interlacing von Filmmaterial bietet einige Vorteile gegenüber dem interlaced Ausgangsmaterial.
Dünne horizontale Linien, werden nicht bei jedem zweiten Bild verschluckt, in Kapitel 1 beschriebenes "Line Twitter" entfällt. Bei Kameraschwenks (besonders vertikal) wird die volle Auflösung beibehalten, man erkennt keine schwarzen Linien mehr. Bildbereiche mit viel Details rauschen nicht, z.B. bleiben Büsche und Bäume auch bei Kameraschwenks stets scharf.
Für ein perfektes Progressive Bild muss der De-Interlacer allerdings wissen, welche auf der DVD aufgezeichneten Halbbilder als original Filmbild zusammengehören.
Dafür sind spezielle Algorithmen notwendig, die Filmmaterial "erkennen"
Manche neuere und qualitativ gute Projektoren/Plasmas verfügen bereits über eine solche interne "Film Mode" Erkennung und fügen die Halbbilder zu Original Filmframes zusammen. Je nach Qualität dieser Erkennung ergibt sich kein großer Unterschied zwischen der Verwendung eines herkömmlichen Interlaced DVD Players und eines Progressive DVD Players.
In den meisten Fällen arbeitet ein guter Progressive DVD Player jedoch besser und stabiler, die Auflösung wird nicht leicht beeinträchtigt, da er direkt digital arbeitet. Ausserdem hat der DVD Player noch die sogenannten DVD Flags zur Analyse des Bildmaterials zur Verfügung (siehe Kapitel 3.1).


2.2 De-Interlacing von Videomaterial

Videomaterial wird direkt interlaced aufgezeichnet: Dokumentationen, Konzerte, Shows, Sportübertragungen, Bonusmaterial, Making Ofs etc. etc.
Es unterscheidet sich in sofern von Filmmaterial, als dass jedes Halbbild für sich ein einzelnes Bild darstellt (vergleiche oben).
Ein simples Zusammensetzen von 2 Halbbildern ist nicht möglich, da die 2 Halbbilder ja nicht aus ein und der selben Momentaufnahme kommen. Bewegte Bildinhalte sind an komplett unterschiedlichen Stellen.
Um Videomaterial in Progressive Scan Material umzurechnen, muss also die vertikale Auflösung von 288 Zeilen auf 576 Zeilen erhöht werden, und zwar 50 mal pro Sekunde. Doch woher kommen die 288 fehlenden Zeilen an Bildinformationen?
Sie müssen aus dem vorhanden Bildmaterial errechnet, interpoliert werden.
Es ist leicht einzusehen, dass dieser Vorgang äußerst komplex ist und sich hier leicht große qualitative Unterschiede ergeben können.
Das Anpassen der Auflösung ist in Fachkreisen unter dem Begriff "Skalierung" bekannt. Viele Computeranwender kennen das Problem der Skalierung aus dem Bereich der Bildbearbeitung. Wenn man ein Digitalfoto, das recht klein ist und über eine geringe Auflösung verfügt, größer bzw. Bildschirmfüllend darstellen will, so rechnet der Computer das Bild um. Je nach Qualität der Software schwankt das Ergebnis stark. In jedem Fall erscheint es jedoch ein wenig unschärfer als das Original. Genau wie das Bildbearbeitungsprogramm muss auch das der De-Interlacer eines DVD Players bzw. TV / Projektors aus einem 720x288 Bild ein 720x576 Bild errechnen, und das konstant in 1/50 Sekunde. Je nach Qualität des DVD Players gibt es verschieden komplexe Methoden:


2.2.1 Single Field Interpolation "Bob"

Beim Bobbing wird aus einem Halbbild mit 288 Bildzeilen ein Vollbild skaliert. Hierbei werden die 288 fehlenden Bildzeilen aus den oberen und unteren Zeilen des Ausgangsbildes interpoliert. Die Qualität des Ergebnisses hängt von der Intelligenz des verwendeten Bobbing Algorithmus ab: Schlechtes Bobbing (z.B. simple Zeilenverdopplung) führt zu Blockbildung und Pixeln, die einfach nur doppelt so groß wie die ursprünglichen Pixel sind.


Schlechtes Bobbing

Beispiel: Die Bananen aus dem Original werden als Halbbild gemastert. Der De-Interlacer berechnet ein Vollbild durch schlechtes Bobbing. Das Ergebnis ist wesentlich pixeliger als das Original.

Gutes Bobbing führt zu deutlich besseren Ergebnissen, aber auch hier sind die Ergebnisse nicht perfekt, Das Bild wirkt weicher, da die Extrazeilen auch bei guter Interpolation nicht genau so berechnet werden können, dass sie ganz und gar dem Original entsprächen.
Gerade horizontale Details, die so klein sind, dass sie nur in geraden bzw. ungeraden Halbbildern sichtbar sind, erscheinen bei der Progressive Wiedergabe noch deutlicher, der Line Twitter Effekt wird verstärkt.
Alles in allem ist Bobbing der simpelste De-Interlace Algorithmus, der daher ganz unten auf der Prioritätsliste steht. Auf ihn greift der Player zurück, wenn alles andere nicht anwendbar ist.


2.2.2 Weave / Field Combing

Bei dieser Technik werden zwei aufeinander folgende Halbbilder in einem Vollbild zusammengefasst, "zusammengeflochten".
Bei Filmmaterial funktioniert dies sehr gut, da in der Regel ja zwei aufeinander folgende Halbbilder aus ein und dem selben Kinobild stammen.
Bei Videomaterial ist diese Methode jedoch nur anwendbar, wenn wenig bzw. keine Bewegung im Bild ist, ansonsten entsteht oben beschriebener Kammeffekt.


2.2.3 Vertical Filtering

Vertical Filtering wird überwiegend von Software DVD Playern auf PCs und bei billigen MPEG Decoder Karten eingesetzt. Hier wird das Vollbild durch die Weave Technik erzeugt, sprich aus zwei Halbbildern zusammengesetzt. Die bei Bewegung entstehenden Kammeffekte werden anschliessend "weichgezeichnet", also verunschärft, um den Kammeffekt zu vertuschen. Dies führt zu einer denkbar schlechten Bildqualität, die DVD wird deutlich unschärfer und Details gehen verloren.


2.2.4 Motion Adaptive De-Interlacing

Diese fortgeschrittenste aller De-Interlace Techniken ist eine Kombination aus "Weave" und "Bob". Das Bild wird zunächst auf Bewegung hin analysiert. Unbewegte Bildteile werden durch Weave aus zwei aufeinanderfolgenden Halbbilder zusammengesetzt, dadurch entsteht kein Auflösungsverlust durch Interpolation.
Bewegte Teile hingegen werden durch "Bobbing" hochskaliert, dadurch wird der Kammeffekt vermieden.
Dieses "Per Pixel Motion Adaptive" De-Interlacing arbeitet für jeden einzelnen Pixel im Bild. Es ist ungeheuer rechenintensiv aber führt zu den besten Ergebnissen.
"Per Field Motion Adaptive" De-Interlacing entscheidet lediglich für jedes einzelne Halbbild, ob es zu viele Bewegungen für Weaving enthält oder nicht. Bei vielen Bewegungen wird das ganze Halbbild mittels Bobbing hochskaliert, bei wenig Bewegung wird das gesamte Vollbild mittels Weave aus zwei Halbbildern zusammengesetzt. Diese Variante erzielt nur mäßige Ergebnisse. Nur Standbilder profitieren sichtbar.


3.0 Bild-Speicherung auf DVD

Oft wird durch die Presse der Anschein erweckt, dass DVDs das Bildmaterial grundsätzliche progressiv abspeichern und erst der Player dieses progressive Material in Halbbilder aufteilt. Dies ist jedoch ein Märchen. Ebenso wenig stimmt es, dass die Progressiv-Ausgabe einer DVD für den Player leicht sei, da er das Interlacing hier "vergessen" kann und die Bilder direkt progressiv von der Disk liest und ausgibt. Das genaue Gegenteil ist der Fall: DVDs sind so gemastert, dass ein DVD Player bei der Interlaced-Wiedergabe sich um nichts kümmern muss und streng und "dumm" den Flag-Anweisungen (siehe Kapitel 3.1) der DVD folgt. Bei Progressive Scan hingegen muss er ständig analysieren, was für ein Bildmaterial (Film/Video) vorliegt und wie ursprüngliche Vollbilder wieder hergestellt bzw. neu berechnet werden können.
Videomaterial ist grundsätzlich nie progressiv, hier muss der Player auf komplexe Algorithmen zurückgreifen, um die vertikale Auflösung zu verdoppeln (siehe 2.2).
Filmmaterial ist auf Zelluloid progressiv (24 Bilder/Sekunde), aber nicht unbedingt auf der DVD. Der hier verwendete Standard, MPEG2, erlaubt sowohl progressive als auch interlaced Sequenzen zur Speicherung. Wie oben bereits erwähnt, nutzen 99% aller Haushalte die DVD nur zur Interlaced Wiedergabe. Dementsprechend wird das Mastering auch auf diese Interlaced Wiedergabe optimiert. Noch schwieriger wird die ganze Angelegenheit dadurch, dass MPEG2 Decoder auch bei interlaced Sequenzen, progressive Bilder einstreuen können, um die Komprimierungsrate zu optimieren. Der Encoder kann Halbbilder und Vollbilder nach Belieben mixen, solange bei der Ausgabe 50 Halbbilder pro Sekunde erzeugt werden können. Progressive Vollbilder dienen nur der Kompressionseffizienz, der MPEG Decoder im Gerät arbeitet stets interlaced.
Bereits die Master Tapes, also die Bänder, von denen das Filmstudio die DVDs herunterkopiert (encoded), sind in vielen Fällen bereits schon digitale Bänder die im Halbbildverfahren aufgezeichnet sind, auch bei Film.
Da diese Master bereits die Kinobilder in Halbbilder "zerstückelt" haben, muss der DVD MPEG2 Encoder selber "herausfinden", welche Halbbilder zusammengehören, sprich ein original Filmbild ergeben. Da Vollbilder aber nicht in Hinsicht auf eine Progressive Bildwiedergabe, sondern nur für eine verbesserte Kompression eingesetzt werden, benutzen Encoder eher wenig Progressive Bilder bei der Aufzeichnung. Auch der Rechenaufwand beim Encoden wird so minimiert, denn: Kann der Encoder nicht klar ermitteln, welche zwei Halbbilder des MasterTapes ein Filmbild ergeben, markiert er sie schlicht als Interlaced.
Bei der Qualitätskontrolle ergeben sich hier keine Probleme, da die DVD eh auf die Interlaced Wiedergabe optimiert sind, zumal PAL Progressive noch immer kein offizieller Standard ist.
Noch einmal die wichtigsten Merkmale der DVD Aufzeichnung in Stichpunkten:

- DVDs sind konzeptionell interlaced und arbeiten mit interlaced Sequenzen

- Vollbilder (Frames) können als "progressiv" markiert werden, um der Kompression zu helfen, sind es aber nicht immer.

- Interlaced Video kann vom Encoder als interlaced Video in Halbbildern aufgezeichnet werden, ebenso kann er aber auch nicht zusammenpassende Halbbilder zu progressiven Vollbildern zusammenkombinieren um die Kompression zu verbessern.

- Die Aufzeichnung ist somit keinerlei Anhaltspunkt, wie das Ausgangsmaterial beschaffen war.


3.1 Die DVD Flags

Durch oben beschriebene Freiheiten des MPEG2 Encoders behilft man sich sogenannter Flags, die wieder Ordnung ins "Chaos" bringen sollen. Die Flags sind im Datenstrom der DVD aufgezeichnet.

Im MPEG2 Datenstrom existiert ein Flag "Picture Structure". Es kann angeben, ob es sich beim entsprechenden Bild um ein progressives Vollbild mit 720x576 Pixeln oder um ein Halbbild (gerade oder ungerade Zeilen) mit 720x288 Pixeln handelt.

Das Flag "progressive frame" dient als Hinweis, dass zwei bestimmte Halbbilder aus ein und dem selben Filmbild entstammen: Diese Zusatzinformation dient einer verbesserten Zeitlupenwiedergabe, Pausenbildern oder 4:3 Umrechnung, für die interlaced Wiedergabe des Films ist sie aber uninteressant.


Die korrekte Flagsetzung gibt an, welche Halbbilder zusammengehören

Auch der progressiven Bildwiedergabe eines DVD Player kann dieses Flag nicht immer helfen. Der MPEG2 Decoder hat nämlich die Freiheit, zwei Halbbilder zu einem Vollbild zu kombinieren, auch wenn sie aus zwei unterschiedlichen Filmbildern stammen, alles nur um die Kompression zu verbessern. In diesem Fall sollte das Progressive Flag auf der DVD natürlich nicht gesetzt sein, ist es durch Masteringfehler aber oft doch. Einem Interlaced Player stört dies wenig, da er dieses Flag gar nicht erst ausliest, doch ein progressive DVD Player gibt, sofern er sich auf die Flags verlässt, ein Vollbild aus, das aus zwei verschiedenen Filmbildern besteht und nicht zusammenpasst.


Falsches Progressive Bild aufgrund falscher Flagsetzung

Man erkennt leicht, die DVDs können denkbar "chaotisch" gemastert sein, nur um die Kompression zu verbessern (Interlaced Video als Vollbilder, Filmbilder als Interlaced Video etc. etc.) Sind hier die Progressive Flags nicht richtig gesetzt, so stört das 99% aller Benutzer nicht, nur Progressive DVD Player bekommen ihre Probleme.


3.2 Probleme bei fehlerhaftem DVD Mastering.

Durch die Komplexität des DVD Masterings kommt es immer wieder zu Fehlern bei der korrekten Flagsetzung. Die häufigsten Fehler:


3.2.1 Wechselndes Progressive Flag

Bei manchen Filmüberspielungen wechselt das Progressive Flag ständig. Bei einem Bild ist es gesetzt und signalisiert so, dass zwei Halbbilder aus einem Filmbild stammen. Bei den nächsten zwei Halbbildern ist das Flag dann nicht gesetzt, als ob es sich um interlaced Videomaterial handelt, sprich die Halbbilder kommen nicht aus einem Filmbild, obwohl sie es in Wirklichkeit tun. Progressive DVD Player, die sich ausschliesslich auf die Flags verlassen, schalten ständig zwischen Film Mode Decoding "Weave" (vgl. 2.2.2) und Video Mode Decoding "Bob" (vgl. 2.2.1) hin und her, obwohl ein kontinuierliches Weaving richtig wäre.

Beispiel: Halbbilder 1&2 sind als progressive ausgezeichnet. Der DVD Player fügt die Halbbilder zu einem Vollbild zusammen, das er zweimal ausgibt. Halbbilder 3&4 sind als nicht progressiv markiert. Der DVD Player muss durch Interpolation aus Bild 3 bzw. 4 ein entsprechendes Vollbild berechnen. Ein Qualitätsverlust ist die Folge. In diesem Beispiel sieht man deutlich, dass die "B"s in Bild 3 und 4 nicht so perfekt erscheinen wie das "A" und das "C". Die beiden "B"s sind sogar unterschiedlich, da sie aus unterschiedlichen Halbbildern berechnet wurden.
Halbbilder 5&6 sind wieder richtig markiert und ergeben die perfekten Vollbilder 5&6.


3.2.2 Kein Progressive Flag bei Filmmaterial

Einige Film-DVDs haben das Progressive Frame Flag durchgehend nicht gesetzt. "Offiziell" handelt es sich also nicht um Bildmaterial, das aus Film gewonnen wurde.
Während diese Fehlinformation einen interlaced Player nicht stört, kann ein Flag lesender progressive Player Probleme bekommen. Im schlimmsten Fall bleibt er durchgehend im Videomodus und setzt die Weaving Technik gar nicht oder nur begrenzt ein.

Beispiel: Obwohl Halbbilder 1&2, 3&4 und 5&6 jeweils aus einem Filmbild stammen, sind sie nicht als progressive deklariert. Der DVD Player interpoliert aus jedem einzelnen Halbbild ein Vollbild, anstelle die zusammengehörigen Halbbilder zusammenzusetzen. Die sich ergebenden Buchstaben in den Vollbildern erscheinen weniger detailliert und unterscheiden sich sogar untereinander.

Eventuell werden auch Halbbilder zusammengeflochten, die nicht aus ein und dem selben Filmbild kommen. Dann entsteht der ungewollte Kammeffekt (vergleiche Bild in 3.1)


3.2.3 Progressive Flag bei Videomaterial

Umgekehrt kann es vorkommen, dass DVDs mit Videomaterial das Progressive Flag gesetzt haben. Es wird also vorgetäuscht, dass je zwei Halbbilder aus ein und dem selben Vollbild stammen, obwohl dies nicht der Fall ist. Ein PS DVD Player wird dazu verleitet, nicht passende Halbbilder zusammenzusetzen. Neben dem Kammeffekt entsteht auch Bildruckeln.


3.2.4 Film -> Video Übergänge

Ein großer Teil wird auf Film ursprünglich aufgenommen, aber letztendlich als Videomaterial nachbearbeitet und geschnitten. Dies ist billiger und wir gerade bei Fernsehserien und Fernsehfilmen durchgeführt.
Auch Trailer von Filmen werden oft als Video editiert, wenn sie als Werbespots im Fernsehen laufen sollen.
Das Problem, das dadurch entsteht liegt manchmal in der Unterbrechung des 2:2 Pulldowns, es kann also vorkommen, dass ein Halbbild aus einem Filmbild bei einem Szenenschnitt unter den Tisch fällt. Dies wiederum kann den DVD Player aus seinem Film-Rhythmus bringen. Bemerkt er dies nicht, setzt er nicht passende Halbbilder zu Vollbildern zusammen.


4.0 De-Interlacing von DVD Playern

Wie man erkennt, ist das einfache Progressive Auslesen einer DVD durch den Player ein Märchen. Es gibt auf der DVD keinen einheitlichen Standard, der z.B. FilmDVDs grundsätzlich progressiv aufzeichnet und Videomaterial interlaced. Dies wäre für die Filmstudios auch nicht praktikabel, da auch viel Material, dass ursprünglich auf Film aufgenommen wurde, auf Video konvertiert, nachbearbeitet und auch editiert wird.
Und reines Videomaterial ist eh nur interlaced aufgenommen.
Solches Material, ob nachbearbeitet oder direkt interlaced aufgenommen, braucht De-Interlacing.
DVD Player haben verschiedene Möglichkeiten, herauszufinden, wie sie die Halbbilder am besten zusammensetzen.
Eine Hilfestellung sind sicherlich die Flags auf der DVD. Sind sie korrekt gesetzt (besonders das Progressive Flag), kann der DVD Player einfach auslesen, welche Halbbilder zu Vollbildern zusammengesetzt werden dürfen.
Doch wie oben beschrieben sind diese Flags leider alles andere als zuverlässig. Stimmen sie nicht, Muss der DVD Player sie ignorieren und eigenständig entscheiden, ob es sich um Film oder interlaced Videomaterial handelt und, im ersteren Fall, welche Halbbilder zusammengehören.
Hier sind Unterschiede zwischen mittelmäßigen und guten progressive Playern leicht zu erkennen.
Verlässt sich ein DVD Player ausschließlich auf die Flags einer DVD, so wird er sehr leicht "hinters Licht" geführt. Er erkennt fehlerhaft gemasterte DVD / Szenen nicht, und gibt sie entsprechen fehlerhaft aus. Ungewollte Bildartefakte sind die Folge.
Bei perfekt gemasterten DVDs mit richtigen Flags hingegen geben sie das Bild perfekt aus. Hier haben sie Vorteile gegenüber Playern, die die Flags komplett ignorieren. Flag lesende DVD Player unterscheiden sich untereinander in so weit, dass bessere die Flagmuster analysieren und eventuelle Fehler bei der Flagsetzung bemerken und entsprechend ignorieren. Schlechte Progressive Player folgen blind den Flags und geben Masteringfehler ungefiltert an den Betrachter weiter.
Neben dem Auslesen der Flags analysieren sehr gute Progressive DVD Player das Bildmaterial, sprich die Halbbilder, selber direkt digital, und ermitteln durch Algorithmen, welche Halbbilder zusammengehören. Doch auch diese Berechnung kann durch ausgefallenes DVD-.Mastering gestört werden.
Die besten DVD Player kombinieren die Bildanalyse mit der Flagsetzung. Sie analysieren die gesetzten Flags. Sind diese korrekt oder weisen auf Filmmode hin, arbeitet der Player entsprechend. Sind sie allerdings falsch oder nicht gesetzt, so versucht der De-Interlace Chip durch andere Algorithmen die passenden Halbbilder zu finden. Schlägt dies auch fehl, wird im Videomode gearbeitet.
Mit dieser komplexen Vorgehensweise sind die besten Progressive DVD Player in der Lage, stets die passenden De-Interlace Algorithmen zu verwenden, vielleicht nicht in jeder Situation perfekt, aber doch in den allermeisten Fällen.

5.0 Progressive DVD Player Vs. PS- De-Interlacer in TV / Plasma / Projektor

Viele Projektoren und Plasmafernseher haben durch ihre Projektionstechnik bereits eingebaute De-Interlacer. Bei Digitalprojektoren (LCD,DLP & Co) erfolgt die Bildausgabe z.B. stets progressiv. Zu einer Halbbilddarstellung sind sie gar nicht in der Lage.
Doch wozu benötige ich einen Progressive DVD Player, wenn mein Projektor / Plasma eh schon von sich aus ein Progressive Signal erzeugt? Dies ist eine berechtigte Frage die differenziert und abhängig von den verwendeten Komponenten beantwortet werden muss. Ein Projektor mit sehr gutem De-Interlacer kann z.B. ein besseres Bild erzeugen als ein Mittelklasse-Progressive Scan-DVD Player:
Umgekehrt kann eine sehr guter PS-DVD Player die Bildqualität eines Projektors / Plasmas mit durchschnittlichem De-Interlacer deutlich sichtbar steigern.
Generell hat der DVD Player den Vorteil, dass er das De-Interlacing direkt digital vornehmen kann, bevor er das Signal ins Analoge wandelt uns ausgibt, während ein TV/Projektor das analoge Interlaced Signal erst re-digitalisieren muss, dann de-interlaced und schließlich progressive darstellt. Durch diese zusätzliche A/D Wandlung wird grundsätzlich ein wenig Auflösung verloren. Dieser Verlust beträgt, je nach Qualität des De-Interlacers, 5 (sehr gut) bis 15 Zeilen. Ein Verlust, über dessen Wahrnehmbarkeit sich streiten lässt.
Generell sind jedoch die De-Interlace Chips in Projektoren/TVs, gerade bei Modellen älteren Semesters, eher einfach im Vergleich zu den verwendeten Chips in teuren Progressive-DVD-Playern. In 90% aller Fälle kann ein qualitativ hoher Progressive Scan DVD Player die Bildqualität eines Projektors / Plasmas in Sachen Detailauflösung sichtbar steigern. Gerade bei Film-Mode De-Interlacing bieten sich Vorteile.


6.0 Fazit

Da die progressive Bildwiedergabe leider immernoch nicht zu unseren Fernsehstandards gehört, ergeben sich zahlreiche Probleme, die durch komplexe Elektronik "ausgebügelt" werden müssen. Qualitätsunterschiede zwischen Geräten können nur durch eingehende Analyse mit diversem Bildmaterial ausgemacht werden. Cine4Home wird Progressive taugliche DVD Player und Projektoren / TVs unter oben beschriebenen Gesichtspunkten stets genau analysieren / bewerten.

E. Schmitt

(c) www.Cine4Home.de