35mm, 70mm - Ein Exkurs in die Celluloid Technik
Filmformate und ihre Videoüberspielungen
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4:3, 16:9, 21:9.... Endlos viele Film- und Videoformate machen dem Heimkinoenthusiasten das Leben schwer. Denn nicht selten werden bei der Überspielung Fehler gemacht und die Heimkinoversion entspricht nicht dem Original. Dieses Know-How Special gibt einen Einblick in die verschiedenen gängigen Filmtechniken und erläutert die möglichen Video-Transfers.

(Korrigierte Fassung, vielen Dank geht an Christian Liemke und Hans-Peter Krupp für Ergänzungs- und Korrekturhinweise)

1.0 - Vertikal-Film 35mm und seine Bildformate

35mm Vertikal-Film ist das am meisten angewendete Fimmaterial. Die Filmbilder sind untereinander angeordnet mit der Transport-Perforation an der linken und rechten Seite.

Neben den Filmbildern befinden sich die Tonspuren. In diesem Beispiel handelt es sich um sogenannten Lichtton, der optisch von dem Filmprojektor ausgelesen wird.
Das 35mm System hat im Laufe der Zeit verschiedene Filmformate und Standards entwickelt.

1.1 - Standard-Format: 35mm - 1.37:1

Das ursprüngliche Filmformat war 1.37:1. Es wurde später von der Fernsehtechnik annähernd übernommen. Viele alte Filmklassiker sind in diesem Format gedreht worden.

1.1.1 - Videotransfer: 1,37:1

- Vollbild
Die Überspielung gestaltet sich als äußerst einfach, da Standard-Fernseher fast das gleiche Format haben. Es gehen nur marginal kleine Bildteile verloren.

- Letterbox & 16:9 enhanced
Gibt es von 4:3 Filmmaterial nur selten. Hier würde ein zu großer Teil des Bildes oben du unten abgeschnitten.



1.2 - Matted Widescreen (Flat): 35mm - 1.85:1


Um das menschliche Blickfeld besser ausnutzen zu können, hat die Filmindustrie die sogenannten Widescreenformate erfunden. Das Interessante dabei ist, dass sich zwar das Format des projizierten Bildes verändert, nicht aber das Format des Filmstreifens. Wie bei einem 4:3 Fernseher bleibt ein Teil des Bildes also ungenutzt. Die Abdeckung des oberen und unteren Bildteils heißt "Matting".


Matted: Der schwarze Teil des Filmstreifens bleibt ungenutzt.

Das Matted Widescreen System bietet Vor und Nachteile.
Der entscheidende Vorteil ist die Kompatibilität zu praktisch allen Filmprojektoren. Kinos waren nicht gezwungen, sie für Widescreenfilme zu ersetzen. Lediglich das Leinwandformat musste angepasst werden.
Die Nachteile liegen in der Bildqualität. Wie bereits erläutert, wird nur ein Teil des Filmbildes zur Projektion genutzt. Ein Teil der Filmauflösung geht somit verloren. Die projizierte Fläche (Leinwand) bleibt aber gleichgroß. Das Verhältnis Leinwandgröße <-> Filmbildgröße steigt. Vergleichbar ist dies mit einer Fotovergrößerung. Je größer der Abzug vom Negativ, desto unschärfer.

Die Probleme der Videotechnik mit ihren unterschiedlichen 4:3 und 16:9 Formaten lassen sich praktisch direkt auf die Kinotechnik übertragen: Je breiter ein Film auf 35mm aufgenommen wird, desto größer sind die Balken oben und unten, desto weniger Fläche wird auf dem Film genutzt, desto schlechter wird die Auflösung.
Daher machen Filmformate, die breiter sind als 1.85:1 für "matted 35mm Film" wenig Sinn.
Gemattetes 35mm Filmmaterial ist auch heute noch das am meisten genutzte System. Die große Mehrheit der Filme ist entweder "Hard matted" oder "Soft matted":


1.2.1 - Hard Matte

Bei dem Hard Matte Verfahren wird der Film schon von dem Kameramann im Widescreen-Format aufgenommen. Das bedeutet, auf dem Film wird nur der Widescreen-Teil belichtet, die oberen und unteren Ränder bleiben schwarz.


Teile des 4:3 Filmbildes bleiben ungenutzt (schwarz)

1.2.1.1 - Videotransfer Hard Matte

-Vollbild
Bei einer 4:3 Überspielung muss in den Film hineingezoomt werden, ein Teil des Bildes (links & rechts) geht verloren.


Links und rechts gehen Bildinformationen verloren

-Letterbox
Das ursprüngliche Format bleibt erhalten, allerdings kann nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden.


Die schwarzen Balken oben und unten verschenken Auflösung

-16:9 enhanced
Diese Überspielung liefert eine bessere Auflösung mit annäherendem Kinoformat.
1,85:1 entspricht allerdings nicht genau 16:9 (1,77:1). Um das Bild an 16:9 anzupassen müssen entweder leichte Balken oben und unten im Bild in Kauf genommen werden, oder das Bild muss leicht links und rechts beschnitten werden.


Eine korrekte Überspielung zeigt in 16:9 noch leichte Balken


Eine Formatfüllende 16:9 Überspielung schneidet rechst und links leicht ab

1.2.2 - Soft Matte

Bei dem Soft Matte Verfahren wird bei den Drehaufnahmen stets das komplette Filmbild mit seinem Format von 1.37:1 belichtet, also mehr, als bei der Kinovorführung zu sehen sein soll. Der Kameramann achtet lediglich darauf, dass im Widescreenformat alles stimmt. Im oberen und unteren Bildbereich befinden sich somit manchmal z.B. Mikrofone, Scheinwerfer und anderes Equipment der Crew. Bei der Vorführung im Kino muss daher darauf geachtet werden, dass genau der richtige Bildausschnitt des Materials projiziert wird, ansonsten sieht das Publikum ungewollte Teile.


Von der tatsächlichen Aufnahme gelangt nur ein Teil (Rahmen) auf die Leinwand


1.2.2.1 - Videotransfer Soft Matte

-Vollbild
Eine Vollbildversion kann so vom Original überspielt werden, dass keine Bildinformationen verloren gehen. Es wird einfach das ganze Filmbild mit seinem Format von 4:3 überspielt. Diese Art der Überspielung heißt "Open Matte". Der Zuschauer erhält hier sogar noch mehr Bildinformationen als im Kino. Allerdings können oben beschriebene Probleme (Mikrofone im Bild etc.) auftauchen.


Mehr Bildinformationen oben und unten

Es hängt daher davon ab, wie genau Kameramann und Regisseur gearbeitet haben. Wenn sie den ganzen 4:3 Bereich stets freigehalten haben, kann eine Vollbildversion durchaus gut sein.

- Letterbox
Eine Letterboxüberspielung zeigt den Kino-Bildbereich (eingerahmter Bereich). Es wird nicht die volle Videoauflösung genutzt

- 16:9 enhanced
Eine 16:9 Überspielung kann die volle PAL Auflösung sinnvoll nutzen. Der leichte Formatunterschied zu 1.85:1 kann ebenfalls durch ein "Open Matte" ausgeglichen werden. Es ergeben sich minimal mehr Bildinformationen oben und unten ohne Verluste links und rechts.


leicht mehr Bildinformationen im 16:9 Bild (roter Rahmen) gegenüber dem Kinoformat



1.3 - Matted Widescreen: 35mm - 1,66:1

Die Techniken sind die selben wie bei 1.85:1 Material (Hard Matte / Soft Matte) . Nur die schwarzen Balken sind nicht so groß. Das 1,66 Format wurde / wird vornehmlich in Europa angewendet. Aber auch zahlreiche Disney-Zeichentrickfilme sind in diesem Format gedreht.

1.3.1 - Videotransfer 1,66:1

- Vollbild
Bei Vollbildüberspielungen geht rechts und links ein kleiner Teil verloren. Dieser Verlust ist aber durchaus noch akzeptabel.

- Letterbox
Hier ergeben sich leichte Balken oben und unten. Die Auflösung des PAL Systems wird aber ausreichend gut genutzt.

- 16:9 enhanced
Für die 16:9 Darstellung ergeben sich Probleme. Das 16:9 Format ist nämlich breiter (1,77:1 gegenüber 1,66:1). Ein korrekt aufgezeichneter 1,66:1 Film hat also rechts und links schwarze Balken. Oft wird aber das 16:9 Format ausgefüllt, es wird leicht in das Bild hineingezoomt. Dabei gehen oben und unten Bildinformationen verloren.


Die rot eingerahmte 16:9 Überspielung hat schwarze Balken, die gelb eingerahmte schneidet oben und unten Bild ab.


1.4 - Anamorphic Widescreen (Scope): 35mm - 2.35:1 (21:9)

Vielen ist der Begriff "Anamorphic Widescreen" bekannt aus der DVD Technik. Dort wird ein Videosignal, das die volle PAL Auflösung nutzt, vertikal gestaucht, so dass das Format 1,77:1 (16:9) entsteht. Die Bildqualität verbessert sich.
Bei der Filmtechnik ist dies kaum anders. Ein Film, der in Anamorphic Widescreen gedreht wird, nutzt die volle Auflösung des 35mm Filmbildes. Das Bild wird bei der Aufnahme durch die Filmkameralinse in die Höhe auf 1,37:1 gezogen.


Die anamorphe Aufnahme der Filmkamera

Bei der Projektion muss dieses Bild durch den Projektor horizontal gestreckt werden, bis das Filmformat stimmt.


Entzerrtes Kinobild

Für die Entzerrung ist lediglich eine neue Projektionslinse erforderlich. Das Anamoprhic Widescreen Format ist also auch weitgehendst abwärtskompatibel und günstig. Es liefert ein schärferes Bild als matted Widescreen. Anamoprhic Widescreen wird kurz auch als "Scope" bezeichnet, nach dem Anamorph-Format aus den 50er und 60er Jahren: Cinemascope.

1.4.1 - Videotransfer Scope

- Vollbild
Bei einer 4:3 Überspielung eines 21:9 Filmes geht ein sehr großer Teil des Bildes verloren. Für den Filmfan inakzeptabel.

Die 4:3 Überspielung zeigt nur einen kleinen Ausschnitt



- Letterbox
Das ursprüngliche Format bleibt erhalten, allerdings kann nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden.


Ein sehr großer Teil der PAL-Auflösung geht verloren

-16:9 Enhanced
Das ursprüngliche Format bleibt erhalten. Die Auflösung ist besser als bei der Standard Letterbox-Überspielung. Allerdings kann auch hier nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden. Selbst in 16:9 bleiben schwarze Balken.


Auch in 16:9 bleiben leichte Balken


1.5 - Super 35: 35mm - 2:35:1

Super 35 ist ein recht junges 35mm Filmformat. Hier wird auf die Tonspur im Film (siehe oben) verzichtet. Der so gewonnene Platz kann für die Bildaufnahme genutzt werden. Es ergibt sich ein Format von 1.6:1.


Rechts: Normales 35mm, Links ohne Ton = mehr Bildfläche

Wie bei Soft Matting belichtet der Kameramann bei der Aufnahme das volle 1.6:1 Bild. Doch das gezeigte Kinoformat beträgt 2.35:1. Der obere und untere Teil werden nicht genutzt:


Aufnahme der Kamera. Nur der blau eingerahmte Teil des Bildes wird im Kino gezeigt

Der 2.35:1 Bildauschnitt wird für die Kinos auf Standard 35mm anamorph in das Scope-Format umkopiert.

Im Kino erscheint ein Scope-21:9 Bild:

Ein Vorteil dieses Bildsystem liegt in der Nachbearbeitung. Der Regisseur kann perfekt bestimmen, welcher 2.35:1 Bildteil der Aufnahme zu sehen sein soll.

1.5.1 - Videotransfer Super 35

- Vollbild
Ein anderer Vorteil liegt in der Homevideo-Kompatibilität: Bei einer Überspielung auf 4:3 gehen nur wenig Bildinformationen links und rechts verloren. Im Gegenteil, es kommen oben und unten neue Bildinhalte hinzu.


Nur leichter Bildverlust rechts und links: Bildgewinn oben und Unten.

- Letterbox
Die Letterboxversion wird von der anamorphen 35mm Kopie überspielt.
Das ursprüngliche Format bleibt erhalten, allerdings kann nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden.


Ein sehr großer Teil der PAL-Auflösung geht verloren

- 16:9 enhanced
Die 16:9 Version wird ebenfalls von der anamorphen 35mm Kopie überspielt. Manche Transfers erfolgen auch vom Original Super 35 Format (z.B Silverado).
Die Auflösung ist besser als bei der Standard Letterbox-Überspielung. Allerdings kann auch hier nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden. Selbst in 16:9 bleiben schwarze Balken.


Auch in 16:9 bleiben leichte Balken

2.0 - 70mm Filmmaterial

Um die Bildqualität deutlich zu steigern, wurde das 70mm System entwickelt. Wie am Namen schon zu erkennen ist, handelt es sich hierbei einfach um Filmmaterial, das doppelt so breit ist wie herkömmliches 35mm.

Ein 70mm Film wird ohne Ton in einer Breite von 65mm von der Kamera aufgezeichnet:

Der Ton liegt bei 70mm als 6-Kanal Magnetton vor.

Auch ohne Anamorph Linse ergibt sich ein viel breiteres, hochauflösendes Bildformat gegenüber Standard 35mm:


Das Format von 70mm Film ist meistens 2,2:1 oder 2,76:1.
Trotz der überragenden Qualität von 70mm Bildmaterial konnte es sich aus Kostengründen nicht durchsetzen. Nur wenig Kinos verfügen über 70mm taugliche Projektoren. Auch die Kosten für das Filmmaterial selber (mehr also doppelt soviel Celluloid pro Film) sind für eine Massenproduktion zu hoch.
Dennoch werden vereinzelt Filme in 70mm gedreht und können zu besonderen Anlässen in renommierten Kinos (z.B. Chinese Theater in L.A) gesehen werden.
Wer die Möglichkeit hat, einen Film in 70mm zu sehen, sollte sich die Chance nicht entgehen lassen. 70mm bietet eine hervorragende Bildschärfe, die man so sonst nicht zu Gesicht bekommt.

2.0.1 - Videotransfer 70mm

- Vollbild
Bei einer 4:3 Überspielung eines 70mm Filmes geht ein sehr großer Teil des Bildes verloren. Für den Filmfan inakzeptabel.
- Letterbox
Die Letterboxversion wird von der anamorphen 35mm Kopie überspielt.
Das ursprüngliche Format bleibt erhalten, allerdings kann nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden.
- 16:9 enhanced
Die 16:9 Version wird in der Regel ebenfalls von der anamorphen 35mm Kopie überspielt. Die Auflösung ist besser als bei der Standard Letterbox-Überspielung. Allerdings kann auch hier nicht die volle Videoauflösung ausgenutzt werden. Selbst in 16:9 bleiben schwarze Balken. Manche Special-Editions werben damit, dass die Überspielung direkt vom 70mm Material stammt. Ob die Bildqualität des im Vergleich recht bescheiden aufgelösten PAL-Systems dadurch gesteigert werden kann, ist fraglich.
Viele Überspielungen erfolgen mittlerweile auch vom 70mm und erhalten das originale Seitenverhältnis: Beispiele für Transfers von 70mm sind "West Side Story", "Spartacus" [Universal und Criterion], "My Fair Lady", "Lawrence of Arabia", "2001: A Space Odyssey", "Cleopatra" [1963], "The Greatest Story ever Told".


2.1 - 70mm IMAX

Der Imax Standard nutzt das bislang größte Filmmaterial. Bei einem IMAX Film kommt ein horizontal aufgezeichneter 70mm Filmstreifen zur Anwendung. 70mm beträgt also nicht die Filmbreite, sondern die Filmhöhe. Der Film wird horizontal durch den Projektor projiziert.


Riesiges Filmframe mit grandioser Auflösung

Wie 70mm Normalfilm wird Imax-Material in 65mm aufgezeichnet und anschließend auf 70mm ohne Tonspur umkopiert. Der Ton kam früher von einem separaten 35mm Magnetband und seit Ende der 80er digital von Compact Disc. Beide Tonsysteme muessen mit dem Filmprojektor synchronisiert werden.
Der Film wird im Kino auf eine riesige Leinwand geworfen, die das gesamte Blickfeld des Betrachters umfasst. Ein technischer Aufwand, der spezielle Kinos erfordert. In Deutschland gibt es einige spezielle IMAX Kinos (z.B. in Speyer). Der Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Eine Liste der IMAX Kinos findet man hier: www.imax-kinos.de .

2.1.1 Videotransfer IMAX

Vollbild
Aufgrund des IMAX Formats gibt es viele Überspielung in Vollbild. Bildteile gehen kaum verloren. Nur von der grandiosen Auflösung des Originals bleibt nicht viel übrig.

16:9 enhanced
Einge IMAX Filme wie "Super Speedway", "Amazing Caves" und "Michael Jordan to the Max" wurden in 16:9 enhanced überspielt. Durch das andere Bildformat gehen oben und unten Bildinformationen verloren. Allerdings wurde bei den Überspielungen darauf geachtet, dass stets die relevanten Bildinformationen dargestellt werden, eine Art vertikales Pan & Scan für IMAX.


3.0 - Fazit

Es gibt zahlreiche Celluloidtechniken. Im Kino liefert 70mm klar die beste Bildqualität. Ein Luxus der sich aus Kostengründen aber nicht auf dem Massenmarkt durchsetzen konnte. Aber auch die gängigen Bildformate liefern bereits eine Bildqualität, die noch weit über dem PAL Standard liegt. Erst durch HDTV wird dies richtig deutlich.
Für DVDs stellt die anamorphe 16:9 optimierte Letterbox Version oft die beste Überspielung dar. Doch auch sie ist manchmal nicht perfekt. Manche Vollbildfassung hingegen muss nicht unbedingt Bildinhalte "verschlucken" (siehe Super 35 oder Soft matted) und wird zu unrecht verteufelt.
Die Güte der Überspielung hängt letztendlich von der sorgfältigen Arbeit der Ingenieure in den Filmstudios ab.

E. Schmitt

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